Mein Kampf

Farce von George Tabori
Ins Deutsche übertragen von Ursula Grützmacher-Tabori

In Frau Merschmeyers Heim für die Heimatlosen in der Blutgasse in Wien zu Beginn des 20. Jahrhunderts wohnen die beiden Juden Schlomo Herzl und Lobkowitz. Herzl ist ein Buchhändler, der Bibeln verkauft und verzweifelt versucht, an seinen Memoiren zu arbeiten; Lobkowitz ist ein ehemaliger Koch, der sich nun für Gott hält. Eines Tages steht plötzlich ein neuer Mitbewohner vor der Tür. Es ist ein junger Mann aus Braunau am Inn, der hier in Wien an der Akademie nun Kunst studieren möchte. Während Lobkowitz wenig mit dem neuen Gast anfangen kann, kümmert sich Schlomo sichtlich rührend um diesen unerfahrenen und sehr ungehobelten Menschen, stutzt ihm den Bart und verpasst ihm mit einem Seitenscheitel das bekannte Aussehen des späteren Adolf Hitler. Auch bringt er den jungen Mann dazu, die Kunst sein zu lassen und es stattdessen lieber mal mit der Politik zu versuchen.
Mit schwerwiegenden Konsequenzen …


Taboris tiefsinnige und bitterböse Farce erzählt vom (un)aufhaltsamen Aufstieg des Nationalsozialismus und seines Führers Adolf Hitler. In einer grotesken Weise wird erzählt, wie Schlomo Herzl vergeblich versucht, der Zerstörungswut, dem Größenwahn und Hass Hitlers mit unterwürfiger Nächstenliebe entgegenzuwirken.


In seiner sehr umfangreichen Theaterarbeit setzte sich der Büchner-Preisträger George Tabori (1914-2007) immer wieder mit den Gräueltaten der NS-Zeit auseinander. Stücke wie „Die Kannibalen“, „Jubiläum“ und vor allem „Mein Kampf“ werden bis heute oft gespielt und zählen zu den bedeutendsten literarischen Auseinandersetzungen mit dem Holocaust.


Bitte beachten Sie:
Aufgrund der besonderen Bühnenbild- und Raumsituation gibt es bei diesem Stück freie Sitzplatzwahl.

Besetzung

Regie: Matthias Straub
Co-Regie: Marten Straßenberg
Bühne und Kostüm: Carola Volles
Fotografie: Liliana Merlin Frevel
Lichtregie: Klaus Bröck
Dramaturgie: Victor Pohl

 

Presse

"Der Drahtseilakt, den dieses von der „Heiterkeit der Verzweiflung“ getränkte Meisterwerk jetzt wie einst bedeutet, ist Schauspieldirektor Matthias Straub und seinem jungen Co-Regisseur Marten Straßenberg rundweg gelungen: Ein gespenstisch-clownesker Firnis überzieht das von melancholischen Klezmerklängen untermalte Spiel, das zum befreienden Lachen animiert, und doch in keinem Moment zur Hitler-Comedy abzudriften droht."

"Florian Graf gelingt grandios die Balance zwischen Parodie und Psychogramm, zwischen Zitat und Karikatur. Mit grandioser Mimik, Gestik und Körpersprache zeigt er die Verklemmungen dieses Seelenwracks und lässt zugleich dessen Bedrohlichkeit durchscheinen. [...] Stephan Mertl macht den weisen und zugleich realitätsblinden Schlomo zur Paraderolle. Mit jeder Geste, jedem Blick, jeder Stimmfärbung drückt er die bedingungslose Menschenliebe aus, die ihn bis zur Selbstverleugnung treibt. Doch Mertl verklärt ihn nicht: Der barfüßige Samariter bleibt mit seinem geistreich-lakonischen Humor und seinem zweifelnden Gottvertrauen immer auf dem Boden."

Neue Presse Coburg, 09. Oktober 2022

"In ihrer gemeinsamen Coburger Neuinszenierung finden Schauspieldirektor Matthias Straub und sein Co-Regisseur Marten Straßenberg zusammen mit Carola Volles als Ausstatterin eine schlüssige Lösung, um diese „Heiterkeit der Verzweiflung“ spürbar werden zu lassen. Sie lassen diesen Abend zwischen detailreichem Realismus, genau dosierter Abstraktion, allegorischen Anspielungen und Absurdität pendeln."

"Florian Graf gelingt es, diesen jungen Hitler zwischen erbärmlichem Selbstmitleid und aufblitzendem Größenwahn sichtbar werden zu lassen. Vor allem aber gelingt es ihm, diesen jungen Mann, der zwar nicht malen, wohl aber sich an seinen eigenen Phrasen und Vorurteilen berauschen kann, nicht zur wohlfeilen Hitler-Parodie werden zu lassen. Das hat auch damit zu tun, dass Straub und Straßenberg diese Farce nicht auf ein brilliant gespieltes Schauspieler-Duett zwischen Hitler und dem von Stephan Mertl unerschütterlich warmherzig gestalteten Herzl reduzieren. Vielmehr wird dieses Wechselspiel bereichert durch das genau austarierte Spiel eines Quartetts allegorischer Figuren: Thomas Straus als Lobkowitz, Niklaus Scheibli als Himmlisch, Kerstin Hänel als Frau Tod und Nélida Martinez als Gretchen."

Coburger Tageblatt, 09. Oktober 2022